Das vierköpfige Team aus dem Schwarzwald verschreibt sich ganz der Nuss. Aus Cashew, Kokos, Pistazie und Haselnuss stellen die Nutsler innovative Spirituosen her. Die Welt der Patisserie inspiriert die Freunde zu fein ausbalancierten Kreationen, die man so schnell nicht mehr vergisst.
Gespräch mit Stefan Nagel von Nutsler
Stefan, der Schwarzwald ist eigentlich bekannt für Obstbrände. Wie kamt Ihr auf die Nuss?
Wir verschreiben uns der Nuss, weil sie einfach total spannend ist. Ein Williamsbrand oder ein Kirschwasser schmecken toll. Aber sie bleiben bei ihren originalen Fruchtaromen. Bei Nüssen ist das von vornherein anders. Man kann bei den einzelnen Sorten viele geschmackliche Komponenten entdecken. Für uns war die Besinnung auf etwas Ursprüngliches aus dem Schwarzwald wichtig. Wir wollten nicht den nächsten Gin oder Whisky herstellen. So sind wir auf den Nussschnaps gekommen. Wir haben uns langsam an das Thema herangetastet. Und natürlich trinken wir ihn auch selbst sehr gerne!
Wer steckt hinter den Nutslern und seit wann gibt es Euch?
Uns Nutsler gibt es noch gar nicht so lange. Wir haben unser Unternehmen im April 2019 gegründet. Davor haben wir zwei Jahre lang mit den Sorten experimentiert und unterschiedliche Rezepturen verkostet. Wir alle haben eine Verbindung zum Schwarzwald. Thorsten ist dort aufgewachsen und Bernd ist ein Ur-Schwarzwälder. Alexander hat seine Schulzeit dort verbracht und ich bin Schwabe. Wir sind Freunde und kennen uns teilweise schon 20 Jahre. Im Herbst 2019 sind wir zu meiner Hochzeit live gegangen und haben Nutsler zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Bei unserem Brennmeister Bernd liegt das Handwerk der Destillerie in der Familie.
Ihr seid aber nicht nur im Schwarzwald ansässig, sondern habt eine Verbindung in eine große Metropole?
Die Produktion und das Herz der Nutsler liegen im Schwarzwald im Kreis Ortenau. Dort gibt es über 5000 Destillerien. Auch bei unserem Brennmeister Bernd liegt das Handwerk der Brennkunst in der Familie. Alexander und ich befinden uns in Berlin. Daher lautet unsere Devise: Handcrafted im Schwarzwald und tasted in Berlin. Für uns ist die Verbindung von Natur und Metropole eine Bereicherung und wir geben uns gegenseitig Impulse. Dabei profitieren wir von dem traditionellen Handwerk im Schwarzwald und den geschmacklichen Inspirationen aus Berlin.
Und wer macht was im Nutsler-Team?
Unser Brennmeister Bernd Schremp ist für das Produkt verantwortlich. Thorsten ist mit der Logistik und Versandthemen betraut. Alexander ist unser Finanzgenie und ich bin für die Markenentwicklung zuständig. Aber wir sind vier Jungs und da macht jeder auch immer ein bisschen von allem etwas. Wir überlegen gemeinsam, welche Sorten wir als nächstes entwickeln. Dann veranstalten wir Verkostungen und entscheiden zusammen, ob wir ein neues Produkt auf den Markt bringen.
Drei von Euch kommen eigentlich aus einer anderen Branche. Was ist der Vorteil dabei?
Für mich war die Spirituosenwelt tatsächlich Neuland. Auch Alexander kommt ursprünglich aus der Filmbranche. Unser Brennmeister Bernd ist natürlich vom Fach und Thorsten hat vorher im landwirtschaftlichen Bereich gearbeitet. Durch unseren Neueinstieg in die Branche können wir die Dinge neu betrachten. Wir interpretieren Spirituosen moderner. Schärfe im Schnaps empfindet die heutige Generation als spritig. Da ist es wichtig einen neuen Weg zu gehen und das Produkt dem Geschmack des Kunden und dem Zeitgeist anzupassen. Wir beharren nicht auf dem Alten. Unsere Nutsler schmecken milder und süßer. Einfach sehr lecker!
Unter den ganzen Trendgetränken kommt der heimische Schnaps einfach zu kurz.
Möchtet Ihr dabei zwischen Whisky, Gin & Co. mit einem Klassiker einen neuen Trend setzen?
Es gibt sehr viele Trendgetränke und wir haben absolut nichts dagegen. Aber der heimische Schnaps kommt einfach zu kurz. Es ist für uns eine Herzens- angelegenheit den klassischen Nussschnaps neu zu beleben. Nussschnaps ist unserer Meinung nach die verstaubteste Spirituose. Wir sind die erste Nuss- Schnapsbrennerei in Deutschland. Was der Gin vor 15 Jahren war, wollen wir jetzt mit Nutsler sein. Die moderne Interpretation bezieht sich auch auf das Design. Die langen herkömmlichen Flaschen der Obstbrände sind praktisch, aber altbacken. Wir gestalten unsere Nutsler innovativer und frischer. Es gibt eine hohe Nachfrage, auch bei jüngeren Zielgruppen um die 30 Jahre. Für sie gibt es unter den Klassikern kein attraktives Angebot. Wir sind der deutsche Tequila – nur ohne Agave, aber mit der vollen Konzentration auf die Nuss.
Was macht bei Euch die Balance zwischen Innovation und Tradition aus?
Unsere Herstellung ist klassisch und bei den Sorten erfinden wir den Nussschnaps neu. Wir verwenden für den Brennvorgang sehr viel mehr Nüsse als üblich. Die Mazeration, Destillation und Reifung findet auf traditionelle Weise statt. Da kennt sich unser Brennmeister Bernd bestens aus. Allerdings war es für ihn eine große Herausforderung Verfahren zur Herstellung von Cashew- und Pistazienschnaps zu entwickeln. Weltweit gibt es keinen klaren und traditionell gebrannten Pistazien-, Kokos- oder Cashewschnaps. Da findet man nur Liköre, trübe und milchige Destillate oder einen Bacardi Kokos mit gepanschten Aromen. Insofern sind auch unsere Herstellungsverfahren innovativ.
Bei neuen Rezepturen ist der Geschmack immer das erste Kriterium.
Ihr beschäftigt Euch intensiv mit dem besonderen Geschmack jeder einzelnen Nuss-Sorte. Wie entstehen bei Euch Rezepturen?
Der Geschmack ist immer das erste Kriterium. Wir denken und schmecken einzelne Nuss-Sorten immer in Geschmackskompositionen meist aus der Patisserie. Das klingt erstmal süß und klebrig, aber wir orientieren uns bewusst am Backhandwerk. Zu Kokos, Pistazie, und Haselnuss gibt es tolle Assoziationen und typische Geschmacksrichtungen. Jeder kennt Pistazien geröstet und gesalzen. Man verbindet aber auch süßes Pistazieneis mit ihnen. Wir lassen uns davon inspirieren und entwickeln zu jeder Nuss-Sorte eine eigene Komposition. Dabei kitzeln wir bestimmte Nuancen gezielt heraus. Technisch gesehen können wir Gelerntes für neue Sorten verwenden. Grundsätzlich haben Nüsse eine ähnliche Konsistenz, die für das Verfahren der Mazeration entscheidend ist.
Und wie genau stellt man einen Nutsler her?
Die Nüsse mazerieren im Alkohol und werden dann destilliert. Das ist die ursprünglichste Art der Herstellung. Da legen wir auf das traditionelle Handwerk großen Wert. Die einzelnen Nuss-Sorten erfordern unterschiedliche Herangehensweisen. Die Kokosnuss weicht zum Beispiel viel kürzer ein, weil sie durch das Fruchtfleisch sehr zugänglich ist. Bei den Cashewnüssen war es schwierig das Verfahren zu optimieren. Sie leben von der Konsistenz und manchmal dachten wir: Das wird nie was! Der Cashewschnaps schmeckt von den Nutslern am herbsten. Jetzt nennen wir ihn liebevoll unseren Schwarzwald-Whisky.
Woher bezieht Ihr die Zutaten?
Die Aufstellung der Logistik war nicht einfach. Wir wollten unbedingt mit kleineren, regionalen Händlern kooperieren. Wir arbeiten jetzt mit einer Hamburger Spedition zusammen, die sich auf das Nussthema spezialisiert hat. Über sie beziehen wir die Cashewnüsse aus Indien. Haselnüsse stammen aus dem Schwarzwald.
Wie trinkt man einen Nutsler richtig?
Wir trinken Nutsler normalerweise bei Zimmertemperatur aus unserem Stampferl. Nur die Pistazie empfehle ich auch mal kühl zu genießen. In Berlin nutzen wir die Gelegenheit und entwickeln mit Barkeepern leckere Nutsler-Kreationen. Unser Kokoswasser eignet sich hervorragend für eine moderne Art des Pina Colada. Mit einer Hamburger Schwarzwaldbar haben wir einen Black Forest kreiert. Er ähnelt einem Black Russian, aber man ersetzt den Kahlúa durch einen Nutsler. Also, man kann unsere Spirituosen wunderbar in Cocktails integrieren. Aber unser Kernthema bleibt eindeutig der klare Nussschnaps.
Was schätzen Kunden an Euren Spirituosen?
Es gibt uns erst seit zwei Jahren und wir erhalten durchweg positives Feedback auf unsere Produkte. Wir freuen uns über jeden, der Nutsler probiert. 80 Prozent kommen dann wieder und wollen mehr von uns. Dabei ist es interessant, dass unsere Kunden zur Hälfte aus Frauen und Männern bestehen. Es gab sogar schon einen Bericht über uns in der Cosmopolitan und dem Barbara Magazin.
Wir bleiben auch zukünftig bei der Klarheit eines traditionellen Schnapses.
Welche Pläne habt Ihr für die Zukunft?
Wir möchten insgesamt wachsen und sichtbarer werden, um noch mehr Menschen für Nutsler zu begeistern. Ein paar Verkäufe hatten wir auch schon außerhalb von Deutschland. Kurzzeitig haben wir über die Herstellung von Likören nachgedacht. Aber wir bleiben bei der Klarheit eines traditionellen Schnapses. Bei uns gibt es immer wieder Pläne für neue Kompositionen wie z.B. Gebrannte Mandeln oder Traube-Nuss. Das bleibt spannend und wir experimentieren aus der Freude heraus. Nur wenn alle vier von einem Produkt überzeugt sind, gibt es einen neuen Nutsler. Dabei lassen wir uns Zeit. Wir wollen nicht viel ganz schnell, sondern wenig richtig machen.
Was ist Dein Lieblings-Nutsler und hast Du eine Rezeptempfehlung?
Am liebsten mag ich unseren Haselnuss Nutsler, während meine Frau die Pistazie vorzieht. Ich genieße ihn gerne abends pur. Er eignet sich wunderbar für schokoladige Drinks wie einen White Russian. Aber in Reinform kommt sein ursprünglicher Geschmack am besten zur Geltung.