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Kulturlandschaft erhalten – Die Gelbe Bürg aus dem Altmühltal

Kulturlandschaft erhalten – Die Gelbe Bürg aus dem Altmühltal

Die Manufaktur Gelbe Bürg verarbeitet Walnüsse aus dem Altmühltal zu regionalen Leckereien. Durch die Nutzung alter und neuer Walnussbäume trägt die Genossenschaft nachhaltig zum Erhalt der fränkischen Kulturlandschaft bei.

Gespräch mit Martin Lettenmeier von der Manufaktur Gelbe Bürg

Bäumchen rüttel dich, Bäumchen schüttel dich. Sind die Walnussbäume im Altmühltal ein vergessener Schatz? 

Also, ich würde sagen, die Zeiten sind ein Glück vorbei! Die Walnuss hat bei uns heute eine ziemlich große Bedeutung. Unsere Genossenschaft gibt es seit sieben Jahren und damals hatten wir das Ziel den Schatz zu heben. Wir haben es geschafft oder dazu beigetragen. Das hat sicher auch mit dem veränderten Ernährungsverhalten der Menschen zu tun. Früher war unsere Region in erster Linie von fleischhaltiger Kost geprägt. Walnüsse waren höchstens mal Beiwerk auf dem Plätzchen oder man hat sie nebenbei gesnackt. Heutzutage hat sich die Situation gedreht und unsere Walnüsse sind heiß begehrte Ware. 

In der Regel stammen Nüsse aus der ganzen Welt. Wie sieht der konventionelle Anbau von Walnüssen aus? 

Konventionell baut man Walnüsse in riesigen Plantagen meist in einem trockenen Klima an. Dort gedeihen sie besser. Aber man fragt sich, wie das Ganze in Zeiten des Klimawandels zukünftig bewässert wird. Bei Monokulturen ist zudem der Schädlingsdruck sehr hoch. Ich kenne eine Walnussbaum-Plantage in Baden-Württemberg. Dort gibt es mittlerweile durch den Klimawandel verstärkt Probleme mit der Walnussfruchtfliege. Sie ist einer der größten Schädlinge im Walnussanbau und verursacht enorme Ernteausfälle. Man muss dann die Bäume mit Chemie behandeln. Unsere Nüsse stammen vom Baum der Großeltern oder stehen seit Jahrzehnten im Garten der heutigen Besitzer. Da macht es gar keinen Sinn zu spritzen oder zu düngen. Man überlässt den Baum einfach der Natur. 

Spüren Sie denn auch die Folgen des Klimawandels?

Die Vegetationsperiode verändert sich und die Bäume treiben immer früher aus. Gleichzeitig haben wir die Gefahr von Spätfrösten, die die Ernte komplett vernichten können. Der Baum blüht zwar, aber er trägt keine Früchte mehr. Botaniker sind sich einig, dass die Natur längere Anpassungsphasen bräuchte. Wir beraten andere, wenn sie neue Bäume pflanzen möchten. Bestimmte Sorten eignen sich besser, weil sie zweimal tragen.

Die Kulturlandschaft im Altmühltal besitzt aber eine lange Geschichte?

Ja, Karl der Große hat den Walnussbaum vor tausend Jahren hier angesiedelt. Er wollte die Ernährung der Menschen verbessern, denn Boden und Ernte waren in unserer Region früher eher kärglich. Damals wusste man schon, dass Walnüsse wertvolle Fette und viel Eiweiß enthalten. Für Omega-3-Fettsäuren gab es hier ja nur regionalen Fisch. Man hatte nicht viele Möglichkeiten sich ausgeglichen zu ernähren. 

Blick ins Altmühltal
Blick ins Altmühltal

Und warum hat man vergessen, wie wertvoll die Walnussbäume sind? 

Irgendwann haben die Menschen Walnüsse nicht mehr verwertet oder sogar weggeschmissen. Die Konsequenz war, dass man die Bäume nicht mehr gebraucht hat. Sie haben den Menschen nur noch mühevolle Arbeit gemacht. Wenn man das Laub fegen und die Nüsse einsammeln muss … Leider sind dann viele Bäume Motorsägen zum Opfer gefallen. Man kann diskutieren, ob es an der einen Stelle Sinn macht den Baum zu fällen. Aber Stück für Stück schwindet dann die Kulturlandschaft. Früher gab es hier Millionen Walnussbäume. 

Was möchten Sie mit Ihrer Genossenschaft nachhaltig verändern?

Nur wenn wir die Walnussbäume pflegen und erhalten, können wir auf Dauer unsere Kulturlandschaft bewahren. Wir wollen die Verwertung und Absatzmöglichkeit unserer regionalen Walnüsse und Früchte noch weiter voran bringen. Seit unserer Gründung hat sich viel verändert. Der Bezug zur Regionalität ist wichtiger geworden. Wir fördern lokale Wirtschaftskreisläufe, die den Menschen hier zugute kommen. Dabei sind wir sehr nachhaltig, denn wir schippern Nüsse nicht um den halben Globus bevor sie auf dem Tisch landen. Wir nutzen Ökostrom, fahren unsere Sachen regional mit einem Elektroauto aus und verwenden recyclebare Glasbehälter. 

Aber auch die Gemeinden und Menschen profitieren von Ihrer Arbeit?

Bei unserer Genossenschaft handelt es sich auch um eine ideelle Angelegenheit. Die Arbeit der Gelben Bürg besitzt für die Menschen einen identitätsstiftenden Charakter und Gemeinden unterstützen uns. Viele Lieferanten sind Mitglieder in unserer Genossenschaft. Aber es gibt auch Menschen, die unsere Idee einfach gut finden. In der Regel verkaufen wir unsere Ware in einem Umkreis von 50 km in kleinen Hofläden. Wir sind eine klare regionale Marke. 

Wie läuft denn konkret die Ernte von Walnüssen ab?

Einen Walnussbaum kann man nicht schütteln. Die Bäume sind prächtig und oft so groß wie ein ganzes Familienhaus. Eigentlich sollte man alle zwei Tage die Nüsse vom Boden aufsammeln. Nach der Ernte müssen sie unter absolut korrekten Bedingungen lagern. Nüsse darf man nicht über 30 Grad z.B. im Ofen trocknen. Durch ihren hohen Ölgehalt können sie schnell ranzig werden. Am besten trocknet man Nüsse zuerst in freier Natur und dann nochmal in einem bis maximal 25 Grad temperierten Zimmer.

Viele wissen das aber heute nicht mehr?

Manche Lieferanten bringen uns nasse oder zu stark getrocknete Nüsse. Die Familien haben ihr Wissen nicht weitergegeben oder Menschen ziehen in ein neues Haus und haben keine Ahnung von einem Walnussbaum. Deshalb führen wir immer eine Ankauf-Kontrolle durch, wenn wir eine neue Charge annehmen. Wir knacken die Nüsse auf Probe und schauen uns die Ergebnisse dann zusammen an. Dann entscheiden wir ob und wie man die Nüsse nutzen kann.

Sie kaufen nur Walnüsse aus der Region auf. Gehen die Nüsse auch mal zur neige?

Ja, wenn der Markt leergefegt ist, gibt es nichts mehr. Manchmal behalten und hamstern die Leute die Nüsse  erstmal wie ein Eichhörnchen. Denn es hat ja keiner Druck die Nüsse zu verkaufen. Dann bekommen wir überraschend im Februar oder Juni noch eine Ladung. Wenn die Walnüsse korrekt getrocknet sind, halten sie sich über ein Jahr.

Was ist denn eine Knackmaschine? 

Das muss man sich eigentlich anschauen.  Wir haben seit zwei Jahren eine eigene Knackmaschine in unserem Nusshaus in Sammenheim. Die Maschine nimmt aus einer Kiste eine einzelne Nuss und wirft sie in eine konische Einrichtung. Da wird sie angeknackt und rotiert weiter bis starker Luftdruck ihre Schale entfernt. Dann fallen durch Reibung die weiteren Nussteile auseinander. Nach dem Durchlauf kontrollieren zwei oder drei unserer Frauen die einzelnen Kerne von Hand. Wenn man in die Gegend kommt, kann man uns auch im Nusshaus besuchen. 

Also, läuft auch die Verarbeitung  ganz anders als auf einer Plantage ab?

Wir hatten vor Kurzem jemanden von einer Walnussplantage zu Besuch. Für ihn war unser Nusshaus eine ganz andere Welt. Bei uns gibt es große und kleine, einfach Walnüsse in allen Formen. Kultivierte Nüsse sehen alle gleich aus und ihre Schale ist besonders dünn gezüchtet. Ich denke, geschmacklich liegen Lichtjahre zwischen einer wilden und einer gezüchteten Walnuss. 

Was stellen Sie alles aus den Walnüssen her?

Unser Hauptprodukt sind momentan die Walnusskerne an sich. Im Unterschied zu Plantagen-Nüssen lösen sich die Kerne bei vielen unserer Nusssorten nicht komplett aus der Schale. Das heißt wir erhalten viel Walnussbruch, der auch sehr begehrt ist. Dann haben wir noch kleineren Bruch, der Schalenreste enthält. Aus ihm pressen wir das Walnussöl. Dabei entsteht als Nebenprodukt ein Presskuchen oder Trester, den wir zu Mehl weiter verarbeiten. Walnussmehl enthält 40 Prozent Eiweiß und 10 Prozent Fett. Wir nutzen es dann als 10 prozentige Beimsichung für die Herstellung unserer Nudeln

Sie haben aber auch besondere Aufstriche mit Walnüssen?

Für unsere Fruchtaufstriche nutzen wir denselben Walnussbruch als Grundlage. Die Früchte beziehen wir von regionalen Streuobstwiesen. Oft haben Privatmenschen noch Obstbäume, die im Spätherbst keiner beerntet. Unsere Fruchtaufstriche stellen wir saisonal her und mieten für diese Zwecke eine Großküche in Sammenheim an. Wir beginnen jedes Jahr mit Rhabarber. Dann folgen die Sauerkirsche, Mirabelle und Quitte als reine Fruchtaufstriche und dann Zwetschge und Birne. 

Und haben Sie selbst ein Lieblingsprodukt oder eine besondere Rezeptempfehlung?

Natürlich, das sind unsere Walnussnudeln. Ich selbst bin Vegetarier und kreiere damit viele Gerichte. Unsere Nudeln haben einen besonderen Biss und schmecken einfach sehr gut. Im Frühjahr esse ich sie gerne zu grünem oder weißem Spargel mit einer guten Sauce.